Keiner stirbt mehr zu Tode, kapiert?
Wiener Zeitung, April 2012 | cai
(cai) Da fragt man sich, ob das noch Malerei ist oder bereits Sex mit der Leinwand. Diese Bilder sind zumindest verdammt sexy. Doch während Kim Basinger und Mickey Mouse erst nach neuneinhalb Wochen miteinander fertig waren, braucht Bianca Regl neuneinhalb Striche. Gut, ein paar mehr gönnt sie sich und uns schon. (Ähm, Kim Basinger und Mickey Mouse waren das Traumpaar der Achtziger? Das ist ja kein Freudscher Lapsus mehr, das ist schon ein Freudscher Lapdance!)
Regls unverwechselbarer skizzenhafter Stil verzichtet auf überflüssige Details. Gehört es nicht eh zum Wesen der Erotik, nicht alles herzuzeigen? Und an den genau richtigen Stellen verdichtet sich diese fulminante offene Malweise zu einem unglaublich intensiven Realismus. Da hat jemand sichtlich Lust am Malen und geniert sich auch nicht für die kitschige Schönheit. Badende lösen sich im flirrenden Gewässer auf, und wenn auf dem polierten Stahl des Palettenmessers die Reflexe der gespachtelten Farbe eine wilde Orgie feiern (quasi die abstrakte Version vom Liebesspiel im Spiegel über dem Bett), ist das praktisch Pornografie. Müsste diese radikale Oberflächlichkeit nicht bestraft werden? Na ja, im richtigen Leben hab ich doch auch kein Problem mit dem Meister Proper oder mit Lipgloss. Aber sollte ich als Nichtraucherin der Künstlerin nicht wenigstens ein Sternderl abziehen, weil hier volle Lippen genüsslich Zigarettenrauch ausatmen? Ja. Vermutlich. Ich tu’s aber nicht. Wahrscheinlich ist in dieser bildschönen Welt sowieso nicht einmal das Sterben tödlich.
Galerie Gerersdorfer
(Währinger Straße 12)
Bianca Regl
Bis 21. April
Do., Fr., Sa.: 11 – 20 Uhr